, Dorian Dehoust

Tennis-Expedition nach Indien – ein Reisebericht von Dorian Dehoust

Auf der ITF Tour habe ich in den vergangenen Jahren einige begeisterte indische Tennisspieler kennengelernt. Das hat mich dazu bewogen, ein paar Turniere in Indien zu spielen, um meinen Tennishorizont zu erweitern. Zehn Jahre zuvor war ich schon als Rucksackreisender mit Sightseeing im Land unterwegs und wusste daher schon, was auf mich zukommen würde. Während man in den Touristen-Hotspots noch einigermaßen gut mit Englisch zurecht kommt, stellte ich weiter außerhalb fest, dass man sich mehr und mehr mit Händen und Füßen verständigen musste. Durch meine guten Erfahrungen mit den indischen Tennisspielern vermutete ich, dass die Verbindung Tennis und Reisen eine vielversprechende Möglichkeit darstellt, mehr von Land, Leuten und Kultur zu verstehen, da die Sportler allesamt hervorragendes Englisch sprechen.

Bei der Durchsicht des ITF Turnierkalenders fiel mir allerdings auf, dass sich nur sehr sehr wenige Ausländer auf den Weg zu den Turnieren nach Indien machen. Eventuell mag das womöglich an dem viel beschrieben „Kulturschock“ liegen, der einen in Indien erwartet. Davon und anderen Vorurteilen wollte ich mich jedoch nicht abschrecken lassen und mir mein eigenes Bild vor Ort machen.

Gestartet bin ich mit dem ITF 700 in Meerut, etwas nordwestlich von Delhi gelegen. Eine 1,3 Millionen Stadt, die bekannt ist für die Herstellung von Sportartikeln und Musikinstrumenten.
Das Tennisturnier wurde im Alexander Athletic Park ausgetragen, einer Sportstädte mit langer Tradition im Herzen der Stadt. Bei der Besichtigung der Plätze war ich angenehm überrascht, es waren Hardcourts in gutem Zustand. Die Turnierorganisation war hervorragend, es wurde ein Gastgeschenk überreicht, täglich gab es auf der Anlage gratis Frühstück und Mittagessen. Auch eine wunderbare Playersparty mit Live Musik und reichhaltigem Buffet wurde veranstaltet, bei der keine Kosten und Mühen gescheut wurden.

Die Altersklassen bis 45 wurden auf den Hardcourts ausgetragen, die Altersklassen darüber hatten auf einer anderen Anlage mit Sand zu spielen. Diese war tatsächlich etwas abenteuerlich, da die Linien mit Kalk abgestreut wurden, was in der westlichen Welt überhaupt nicht mehr zu sehen ist. Als tolles Highlight nahm ich wahr, dass bei jedem Spiel Stuhlschiedsrichter und Balljungen zum Einsatz kamen. Dieses Turnier legte sehr viel Wert darauf, den Teilnehmern auch rund um den Sport etwas zu bieten, es waren durchweg viele Spieler und Zuschauer auf den beiden Anlagen anwesend.

Weiter ging es danach nach Gurugram, etwa 20 Kilometer südlich von Delhi gelegen. Dieser Ort ist die große Sportstätte der Metropole Delhi. Hier sind unzählige Cricketfelder, Rollschuhbahnen und sonstige Sportplätze zu finden. Die Gegend ist sehr ländlich im Vergleich zur pulsierenden Großstadt. Als ich auf dem Weg war, die Tenniscourts ausfindig zu machen, traute ich meinen Augen kaum: nach einem sehr holprigen, staubigen und erdigem Feldweg stand ich plötzlich auf einer hoch modernen Tennisanlage mit exzellenten Hardcourts. Dort wurde ein ITF 200 ausgetragen. In Sachen Gastgeschenk, Gratis-Bewirtung und Playersparty war hier nichts vorgesehen, ebenso gab es hier auch keine Stuhlschiedsrichter und Balljungen.

Abschließend ging es weiter nach Dehradun, einer Stadt am Rande der Himalayas. Hier wurden im Februar 2025 die nationalen „Indien Games“ im Badminton, Tischtennis und Tennis ausgetragen. Hierfür wurde eine nagelneue Hardcourt Tennisanlage errichtet, auf der nun ein ITF MT100 ausgetragen wurde. Die Turnierleitung war gut organisiert und hatte für jeden Teilnehmer einen schönen werbefreien Sportdress als Gastgeschenk parat. Zu meiner Freude wurden hier wieder Stuhlschiedsrichter und Balljungen eingesetzt. Auch gab es wieder ein reichhaltiges Buffet, an dem man sich zum Mittagessen bedienen konnte. Zudem wurde ein schöner Galaabend im Garten eines Mitglied des Organisationskomitees ausgerichtet, der keine Wünsche offen ließ.

Fazit:
Sportlich pflegen Inder einen ganz anderen Spielstil als Spieler der westlichen Welt. Sie selbst sagen über sich, dass sie körperliche Defizite eher mit Gefühl und Geschicklichkeit auszugleichen versuchen. Viele Inder agieren als ausdauernde Rückschläger, die immer und immer wieder den Ball geduldig zurück spielen. In den Doppeln agieren die erfahrenen Teams sehr einstudiert, sicher und gefühlvoll. Was das Spiel für Zuschauer sehr sehenswert macht.

An allen drei Veranstaltungen standen bis zum letzten Turniertag kostenlos Physiotherapeuten mit Rat und und Tat Verfügung.

Alle Turnier-relevanten Informationen wurden seitens der Turnierleitung in WhatsApp Gruppen-Chats versendet, es wurden in keinem der Turniere Infos per E-Mail versandt.

Laut den Einheimischen ist die beste Zeit für Turniere von Oktober bis März, hier sind die Temperaturen am angenehmsten für das Tennis.

Als empfehlenswerte Turniere in Sachen guter Organisation und „Hospitality“ haben mir im Norden ansässige Inder Meerut, Moradabad, Mzuaffarnagar, Dehradun und Jhajjhar empfohlen.

Über das Tennis hinaus sind die Inder sehr interessierte, herzliche und hilfsbereite Menschen. Sie möchten nichts mehr, als dass man eine gute Zeit in Ihrem Land erlebt.

Rundherum bin ich von meiner Tennisexpedition Indien sehr begeistert, bin bereichert mit vielen besonderen Eindrücken und würde eine solche Reise jeder Zeit wiederholen. Ich wundere mich tatsächlich sehr, warum kaum Ausländer an diesen schönen Turnieren in Indien teilnehmen.

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